Coming Out

Die Fachliteratur unterscheidet zwischen einem „inneren“ und einem „äußeren Coming out“ (vgl. Krell u.a.).

Wie der Name bereits verrät, handelt es sich bei dem „inneren Coming Out“ um die Bewusstwerdung der eigenen sexuellen Identität und des sexuellen Empfindens. Laut DJI-Studie Coming Out 2015 ist davon auszugehen, dass das Alter beim Bewusstwerden der sexuellen Orientierung bei 55% und beim Bewusstwerden der geschlechtlichen Identität bei 25% zwischen 11 und 18 Jahren, also in der Zeit der weiterführenden Schule, liegt. Es kann also festgehalten werden, dass ein Großteil der Betroffenen bereits in der Grundschulzeit, spätestens aber in der weiterführenden Schule ein Gefühl von „Andersheit“ erfährt und die Bewusstwerdung für den Großteil der lesbischen, schwulen, bisexuellen und orientierungs*diversen Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren beginnt.

Im Gegensatz dazu steht das „äußere Coming Out“, in dem Kinder, Jugendliche, Erwachsene sich ihrem sozialen Umfeld offenbaren und diese über ihre Geschlechtsidentität oder die vom heteronormativen Modell abweichende Geschlechtlichkeit informieren. 

Die Zeit zwischen innerem und äußerem Coming out liegt in Deutschland im Durchschnitt bei ca. 5 Jahren (vgl. Krell u.a. S. 15), im Einzelfall aber können bis zu 10 Jahre dazwischenliegen. Ein langer Zeitraum, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass dieser von den Betroffenen als äußerst belastend wahrgenommen wird, weil „wahre Gefühle“ über einen längeren Zeitraum verdrängt werden müssen. Nicht selten hat dies zur Folge, dass sich therapierelevante psychische und psychosomatische Symptome entwickeln (vgl. Krell, S.15). Stellt man sich die Frage, wie es zu einer so langen Zeitspanne zwischen innerem und äußerem Coming out kommen kann, sind vor allem zwei Ursachen zu erkennen: Zum einen die Angst vor negativen Folgen des äußeren Coming Outs, zum anderen die Orientierungslosigkeit in der Flut an Informationen (vgl. Krell S. 12). Die Zeit zwischen Bewusstwerdung und äußerem Coming out wird von 90% der Studienteilnehmer als mittel bis schwierig eingestuft. Die Ängste vor Ablehnung durch den Freundeskreis (74%) und Ablehnung durch Familienmitglieder (69%) gehören zu den zentralen Befürchtungen der Jugendlichen während dieser Zeit.